Präanalytik Labor

Präanalytik im Labor: Grundlagen, Prozesse und Parameter für Blutentnahme, Probenmaterial & Untersuchungsmaterial

Einführung in die Präanalytik

Die Präanalytik ist ein entscheidender Schritt im Laborprozess und umfasst alle Maßnahmen und Bedingungen, die vor der eigentlichen Analyse einer Probe stattfinden. Sie beginnt mit der Vorbereitung des Patienten und endet, wenn die Probe analysiert wird. Die Präanalytik spielt eine wesentliche Rolle für die Qualität und Zuverlässigkeit der Laborergebnisse.

Definition und Bedeutung der Präanalytik im Labor

Präanalytik bezieht sich auf die Phase vor der eigentlichen Analyse im Labor. Diese Phase umfasst alle Schritte von der Patienteninformation und -vorbereitung bis hin zur Probenentnahme, -lagerung und -transport. Fehler in dieser Phase können die Resultate verfälschen und zu falschen Diagnosen führen.

Wichtigkeit der Präanalytik:

  • Sicherstellung der Probenqualität
  • Minimierung von Fehlerquellen
  • Verbesserung der Ergebnisgenauigkeit

Merkmale der konventionellen Präanalytik im Labor

Die konventionelle Präanalytik umfasst verschiedene Prozesse und Best Practices, die zur Sicherstellung der Probenintegrität und der Genauigkeit der Laborergebnisse beitragen.

Beispiele für präanalytische Prozesse

  1. Probengewinnung: Die Entnahme der Probe vom Patienten, z.B. Blutabnahme, Uringewinnung.
  2. Probenlagerung: Sicherstellung der richtigen Lagerbedingungen im Bereich der Präanalytik, z.B. Temperaturkontrolle.
  3. Probentransport: Sicherer und schneller Transport der Proben ins Labor.
  4. Probenvorbereitung: Vorbereitung der Probe für die Analyse, z.B. Zentrifugation von Blutproben.

Probenkennzeichnung und Dokumentation

Die genaue Kennzeichnung der Proben ist essenziell, um Verwechslungen zu vermeiden. Dazu gehören:

  • Eindeutige Beschriftung
  • Anforderungsschein mit Patientendaten und Einverständniserklärung

Detaillierte Prozesse der Probenentnahme und -handhabung

Art und Menge der zu entnehmenden Primärprobe

Die Art der Probe und die benötigte Menge variieren je nach Test und Laboranforderungen. Eine korrekte Entnahme ist entscheidend für valide Ergebnisse.

Gewinnung von Untersuchungsmaterial

  • Venenblutentnahme: Standardverfahren unter kontrollierten Bedingungen. Zu starke Stauung oder zu langes Stauen kann zu Verfälschungen führen.
  • Reihenfolge der Blutentnahme: Beachtung der richtigen Reihenfolge, um Kontaminationen zu vermeiden. Die Reihenfolge beginnt meist mit blutfreien Proben wie Blutkultur, gefolgt von Gerinnungsproben und endet mit EDTA-Proben.

Entnahmesysteme und Probenhandling der Blutprobe

Die Wahl des richtigen Entnahmesystems und die sorgfältige Handhabung von Proben sind grundlegende Aspekte der Präanalytik. Sie gewährleisten die Integrität und Qualität der Proben bis zur Analyse. Unterschiedliche Probenarten erfordern spezifische Entnahmesysteme, die oft farblich kodiert sind, um eine einfache Identifikation und Handhabung zu ermöglichen. Zudem ist die richtige Vorbereitung und Lagerung der Proben entscheidend, um Verfälschungen der Analyseergebnisse zu vermeiden. Eine präzise Durchführung dieser Prozesse minimiert das Risiko von Fehlern und trägt wesentlich zur Zuverlässigkeit der Laborergebnisse bei.

Farbkodierung der Entnahmesysteme

Jede Probe muss mit dem richtigen Entnahmesystem entnommen werden, das farblich kodiert ist:

ProbenmaterialFarbkodierung
SerumRot oder Gelb
Plasma (EDTA-Plasma/Heparin-Plasma)Lila oder Grün
EDTA-VollblutLila
Citrat-PlasmaBlau
Na-Fluorid-Citratplasma/GlucoExact®Grau
Malondialdehyd (MDA)Spezielle Röhrchen

Umgang mit Probenmaterial

Jedes Probenmaterial erfordert spezielle Handhabung:

  • Serum: Trennung von Zellen durch Zentrifugation. Dies verhindert Zelllysis und die Freisetzung intrazellulärer Bestandteile in die Probe.
  • Plasma: Antikoagulanzien hinzufügen, dann zentrifugieren. Dies verhindert die Gerinnung und ermöglicht die Trennung der Plasmafraktion.
  • EDTA-Vollblut: Direkte Analyse oder kurze Lagerung im Bereich der Präanalytik. EDTA bindet Calcium und verhindert die Blutgerinnung.
  • Citrat-Plasma: Vorsichtige Handhabung zur Vermeidung von Gerinnung. Citrat bindet ebenfalls Calcium, was für Gerinnungstests wichtig ist.

Spezielle Probenmaterialien & Laborproben

Bestimmte Tests erfordern besondere Proben:

  • 5-Hydroxyindolessigsäure (HIES): Spezielle Behälter notwendig, um den Abbau des Analyten zu verhindern.
  • Humangenetische Untersuchungen: Strenge Kontaminationskontrollen sind nötig, um DNA-Verunreinigungen zu vermeiden.
  • C13 Atemtest: Spezifische Probenbehälter, um den Kohlenstoffisotopengehalt korrekt zu messen.
  • Ejakulat: Sofortige Verarbeitung erforderlich, um die Spermienmotilität und Vitalität zu bewahren.

Tiefgefroren zu versendende Parameter

Einige Proben müssen tiefgefroren versendet werden, um ihre Stabilität zu gewährleisten. Dies ist besonders wichtig für Enzyme und Proteine, die bei Raumtemperatur oder gekühlt degradiert werden könnten, relevant für die Diagnostik. Beispielsweise müssen Proben für bestimmte Hormonanalysen oder genetische Tests tiefgefroren transportiert werden, um die Integrität der Moleküle zu bewahren.

Nicht gekühlt zu versendende Parameter

Andere Proben dürfen nicht gekühlt werden, da dies ihre Zusammensetzung verändern könnte. Beispielsweise können bestimmte Hormone oder Metabolite bei Kühlung ausfallen oder ihre Aktivität verlieren. Ein Beispiel ist die Bestimmung von Säuren und Basen im Urin, bei denen eine Kühlung zu einer Veränderung des pH-Werts führen könnte.

Lichtgeschützt zu versendende Parameter

Lichtempfindliche Proben müssen lichtgeschützt transportiert werden, um Degradation zu verhindern. Dazu gehören Bilirubin und einige Vitamine, die bei Lichteinfluss schnell zerfallen können. Solche Proben sollten in lichtundurchlässigen Behältern oder mit Aluminiumfolie umwickelt transportiert werden, um die Integrität des Analyten zu bewahren.

Einflussgrößen, Störfaktoren und Saisonale Schwankungen bei der Probenanalyse

Die Probenanalyse kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden:

Patientenbezogene Einflussgrößen

  • Geschlecht: Unterschiede in Hormonspiegeln und anderen Parametern. Frauen haben beispielsweise niedrigere Hämoglobinwerte als Männer, was bei der Interpretation von Bluttests berücksichtigt werden muss.
  • Lebensalter: Altersabhängige Schwankungen bestimmter Werte. Kinder und Jugendliche haben oft höhere Werte für bestimmte Enzyme wie die alkalische Phosphatase, die im Erwachsenenalter abnimmt.
  • Zirkadiane und saisonale Schwankungen: Tages- und Jahreszeitliche Schwankungen. Viele Hormone zeigen tageszeitabhängige Schwankungen, was die Interpretation der Testergebnisse beeinflusst. Auch saisonale Unterschiede, wie z.B. die Vitamin-D-Spiegel im Sommer und Winter, müssen berücksichtigt werden.
  • Ernährung: Relevant im klinischem Kontext ist der Einfluss durch Nahrungsmittel. Verschiedene Diäten können die Werte von Lipiden, Proteinen und Vitaminen verändern. Eine fettreiche Mahlzeit kann beispielsweise den Triglyceridspiegel im Blut erhöhen, während eine kohlenhydratarme Diät die Glukosespiegel beeinflusst.
  • Rauchen und Alkohol: Beeinflussung der Ergebnisse durch Konsum. Rauchen kann z.B. die Anzahl der Leukozyten erhöhen, während Alkohol die Leberwerte beeinflusst und kann zu erhöhten Gamma-GT- und GPT-Werten führen. Alkohol hat zudem einen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und andere Stoffwechselparameter, was bei der Interpretation der Laborergebnisse berücksichtigt werden muss.

Weitere Störfaktoren

  • Körperliche Aktivität: Intensive körperliche Betätigung kann die Werte von Enzymen wie Kreatinkinase (CK) und Laktatdehydrogenase (LDH) erhöhen. Diese Veränderungen sind temporär und spiegeln die Muskelaktivität wider, was insbesondere bei Sportlern und Patienten nach körperlicher Anstrengung beachtet werden muss.
  • Zustand nach Impfungen: Nach Impfungen können temporäre Entzündungsreaktionen auftreten, die die Anzahl der Leukozyten erhöhen und Entzündungsmarker beeinflussen. Diese Veränderungen sind in der Regel vorübergehend und sollten bei der Beurteilung von Laborwerten nach Impfungen berücksichtigt werden.

Erweiterte Präanalytik

Besonderheiten bei der Probenlagerung und dem Transport

Die Lagerung und der Transport von Proben sind entscheidend für die Erhaltung der Probenqualität. Proben sollten, wenn möglich, sofort nach der Entnahme ins Labor transportiert werden. Eine längere Lagerung kann zu einer Veränderung der Probenzusammensetzung führen, wie beispielsweise einem Anstieg des Kaliumspiegels und einem Verlust von Glukose im Heparinplasma oder Serum. Es wird empfohlen, Proben bei Raumtemperatur und im Dunkeln zu lagern, um diese Effekte zu minimieren.

Spezielle Anforderungen bei der Probenentnahme

  • Citrat-Röhrchen für Gerinnungsanalysen: Diese müssen bis zur Markierung gefüllt werden, um genaue Ergebnisse zu gewährleisten. Eine unvollständige Füllung kann die Gerinnungstests verfälschen. Proben mit einem Hämatokrit-Wert über 0,6 l/l benötigen spezielle, adaptierte Blutentnahmeröhrchen.
  • Urinproben: Für bakterielle Untersuchungen eignet sich der erste Morgenurin am besten. Mittelstrahlurin wird bevorzugt für die meisten chemischen Analysen und Sedimentuntersuchungen verwendet, da er die geringste Kontamination aufweist. Sammelurin wird oft für quantitative Analysen über 24 Stunden verwendet, ist jedoch ungeeignet für mikrobiologische Untersuchungen.

Probenvorbereitung und zusätzliche Hinweise

Die Vorbereitung der Proben umfasst das Zentrifugieren von Blutproben zur Trennung der Serum- oder Plasmakomponente von den Blutzellen. Bei der Handhabung von Citratblut für Thrombozytenzählungen sollte die Probe als Gerinnungsprobe behandelt und entsprechend zentrifugiert werden.

Präanalytik im Labor: Das Fazit

Die Präanalytik ist eine kritische Phase im Laborprozess, die maßgeblich die Qualität und Genauigkeit der Laborergebnisse beeinflusst. Eine sorgfältige und standardisierte Vorgehensweise bei der Probenentnahme, -lagerung und -vorbereitung ist unerlässlich, um valide und zuverlässige Ergebnisse zu gewährleisten. Die Berücksichtigung von patientenbezogenen Einflussgrößen und Störfaktoren ist ebenfalls entscheidend, um korrekte Diagnosen zu stellen und unnötige Wiederholungen von Tests zu vermeiden. Durch die kontinuierliche Schulung des Fachpersonals und die Einhaltung bewährter Verfahren kann die Präanalytik optimiert und die Qualität der Laboranalysen gesichert werden.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und Parameter

  • Die Präanalytik umfasst alle Schritte vor der eigentlichen Laboranalyse und hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Ergebnisse.
  • Wichtige Prozesse der Präanalytik sind die Probengewinnung, -lagerung, -transport und -vorbereitung.
  • Die korrekte Kennzeichnung und Dokumentation der Proben ist essenziell, um Verwechslungen und Fehler zu vermeiden.
  • Verschiedene Probenmaterialien erfordern spezifische Handhabung und Lagerbedingungen im Bereich der Präanalytik, um ihre Integrität zu bewahren.
  • Patientenbezogene Einflussgrößen und Störfaktoren müssen bei der Interpretation der Laborergebnisse berücksichtigt werden.

Durch die Beachtung dieser Aspekte kann die Präanalytik im Labor optimiert und die Zuverlässigkeit der Diagnosen verbessert werden.